Klare Kante

Faro (Portugal), 11. Januar 2013 - Die Sprache der Stilisten ist mitunter eine eigene: Stolz berichtet Skoda-Designer Karl Neuhold von "mehr Demokratie" im Cockpit des neuen Skoda Octavia, weil auch der Beifahrer vieles bedienen könne. So weit, so gut, doch demokratisch ist der Octavia tatsächlich durch seine schiere Verbreitung. Seit 1996 wurden weltweit 3,7 Millionen Exemplare verkauft, allein in Deutschland sind es bislang gut 650.000 Fahrzeuge. Nun steht die dritte Generation des Erfolgsmodells in den Startlöchern. Wir haben die Limousine bereits unter die Lupe genommen.

Keine Tricks
Optisch führt der neue Octavia die sachliche Linienführung seiner Vorgänger fort. Keine unnötigen Design-Gimmicks verwirren das Auge. Eine besondere Note bekommt die Limousine durch die Frontpartie mit neuer "Skoda-Nase" im Stil des Rapid und einen Schwung zwischen hinteren Seitenfenstern und C-Säule. Wie gehabt öffnet sich trotz Stufenheck-Look eine große Fließheck-Kofferraumklappe. Die Kombiversion des Octavia ist bereits angekündigt: Sie debütiert auf dem Genfer Autosalon im März 2013 und kommt im Mai des Jahres zu den Händlern.

Unendliche Weiten
Technisch nutzt der neue Octavia den so genannten Modularen Querbaukasten, kurz MQB, des VW-Konzerns. Diese Grundlage teilt er sich mit dem neuen Golf und dessen Kumpel, dem Seat Leon. Im Gegensatz zu diesen ist der Octavia aber mal eben 40 Zentimeter länger und klopft schon heftig an der Tür zur Mittelklasse. Mit 4,66 Meter ist der großzügige Tscheche neun Zentimeter länger als bisher, zudem wuchs der Radstand auf jetzt 2,67 Meter. Wo dieser Zuwachs gelandet ist, wird beim Blick in den Kofferraum klar: Ein gigantisches Volumen von 590 Liter wartet darauf, befüllt zu werden. Nach Umklappen der Rücksitzlehnen sind es maximal 1.580 Liter. Optional kann zudem die Beifahrerlehne umgelegt werden, um bis zu 2,74 Meter lange Gegenstände einzuladen. Leider gibt es aber auch Details, die unter die Rubrik "Schade" fallen. So stört beim Beladen eine recht hohe Innenkante. Da nur die hinteren Lehnen umklappen, entsteht eine leichte Stufe. An sich clever ist der wendbare Bodenbelag: oben Stoff, unten Gummi. Doch er kostet wie andere funktionale Kofferraumlösungen einen Aufpreis.

Bequemer Fond
Im Fond des Octavia machen sich die gewachsenen Abmessungen deutlich bemerkbar. Bei normaler Einstellung der Vordersitze gibt es viel Platz für die Beine, lange Kerls und Mädels würden sich aber über einen Hauch mehr Kopffreiheit freuen. Trotzdem: Beengt ist der Skoda in keinster Weise, man ist versucht, vom "Superb des kleinen Mannes" zu sprechen. Eine feine Sache ist die 230-Volt-Steckdose zwischen den Vordersitzen, doch auch hier lautet das Zauberwort: Aufpreis.

Weniger ist mehr
Endlich haben wir uns zum Cockpit vorgearbeitet, in dem Herrn Neuholds Worte greifbar werden. Alles ist übersichtlich drapiert und wirft in Sachen Bedienung keine Fragen auf. Ganz neu ist zum Beispiel das Top-Navigationssystem mit Acht-Zoll-Touchscreen und Näherungssensor. Sobald sich die Finger nähern, erscheinen die wichtigsten Funktionstasten auf dem Bildschirm. Allerdings gibt der elektronische Wegweiser bisweilen etwas ungenaue Richtungsangaben, sodass der Aufpreis gut überlegt werden will. Serienmäßig ist schon bei der Basisvariante des Octavia ein Radio ohne CD-Laufwerk, aber mit AUX- und USB-Anschluss in der Mittelkonsole dabei. Unsere Empfehlung, wenn es nicht zwingend ein Navi sein muss: die "Swing" genannte CD-Anlage mit SD-Karteneinschub. Auch die ab der mittleren Ausstattung "Ambition" serienmäßige Klimaanlage liegt für uns in Sachen Bedienung vor der Klimaautomatik. Bei dieser stören kleine Zahlen und mehr Tasten. Keine Zweifel lässt die gute Verarbeitung des Kommandostands, die verwendeten Kunststoffe gehen absolut in Ordnung, Chromleisten werten das Interieur zusätzlich auf. Abgerundet wird alles durch bequeme Sitze für Fahrer und Beifahrer.

Aufgeladene Gesellschaft
Unter der Haube des neuen Octavia arbeiten jetzt nur noch Turbomotoren. Das TSI-Angebot auf Benzinerseite reicht von 86 bis 180 PS, für Diesel-Freunde stehen Motoren mit 105 oder 150 PS bereit. In Arbeit sind bereits Erdgas-Varianten und eine heiße RS-Version. Für unsere Testfahrt wählen wir den beliebten 1.6 TDI mit 105 Pferdestärken. In niedrigen Drehzahlen dringt eine brummige Note ans Ohr, in die sich deutlich vernehmbar das Diesel-Laufgeräusch mischt. Hauptverantwortlich dafür ist das lang übersetzte Fünfgang-Schaltgetriebe. Es sorgt zwar bei Tempo 130 für kultiviertes Dahingleiten, doch schaltfaules Fahren in der Stadt ist kaum möglich, man muss zum exakt geführten Knüppel greifen. Wer diesen Griff scheut, für den hält Skoda ein DSG mit sieben Stufen bereit. Ein Blick in die technischen Daten bestätigt den subjektiven Eindruck: Zwischen 1.500 und 2.700 Umdrehungen steht das maximale Drehmoment von 230 Newtonmeter an. Damit kommt der Octavia 1.6 TDI flott voran, ohne den Fahrer unangenehm brutal in den Sitz zu pressen, wie es bei stärkeren Dieseln oft der Fall ist. Auch bei höheren Geschwindigkeiten kann der Motor noch zulegen, er verhungert nicht in der langen Übersetzung. Auf Achse
Gut gelungen ist den Ingenieuren in Mlada Boleslav das Zusammenspiel von Lenkung und Fahrwerk. Anders als bei manchen VW-Modellen bleibt die Lenkung auch in der Mittellage verbindlich und bietet eine exakte Rückmeldung. Optional hält Skoda eine Fahrprofilauswahl mit Normal-, Sport- und Eco-Modus bereit. Wirklich spürbar anders ist jedoch nur das Sport-Profil, bei dem die geschärfte Lenkung ein nochmals präziseres Einlenken ermöglicht. Kaum wahrnehmbar sind hingegen die Eingriffe in die Motorsteuerung, sodass dieses Extra nicht unbedingt nötig ist. In Sachen Fahrwerk setzt Skoda auf eine zweigleisige Lösung: Nur der stärkste Benziner bekommt die neue Mehrlenkerachse, alle anderen Modelle müssen sich mit einer überarbeiteten Verbundlenkerachse begnügen. Doch die einfache Lösung macht ihren Job gut: Auf schlechten Straßen werden Schlaglöcher akzeptabel gedämpft, sie sind jedoch akustisch vernehmbar. Erst bei wirklich groben Schäden im Pflaster werden Stöße nach innen weitergereicht. Im direkten Vergleich mit dem Mehrlenkersystem fallen bis auf ein etwas geschmeidigeres Abrollen keine radikal spürbaren Unterschiede auf.

Drei vor dem Komma
Lediglich 3,8 Liter Durchschnittsverbrauch verspricht Skoda für den Octavia 1.6 TDI, hierbei hilft unter anderem eine Start-Stopp-Automatik. Nach etwa 150 Kilometern Teststrecke aus Autobahn und Landstraße steht unser Bordcomputer bei 6,4 Liter, ein Wert, der sich mit eingefahrenem Auto sicherlich unterbieten lässt.

Goldene Mitte
Kommen wir zu guter Letzt zu dem Kapitel, was Skoda-Freunde traditionell am stärksten interessiert: die Kosten. Drei Ausstattungen stehen zur Wahl, die Basis namens Active bietet zwar ein Radio, elektrische Fensterheber vorne und neun Airbags, aber auch nicht viel mehr. Deshalb lohnt sich der Griff zur nächsthöheren Ambition-Linie. Hier sind die wichtigsten Extras inklusive, darunter eine Klimaanlage, Nebelscheinwerfer, hintere Fensterheber, ein CD-Radio mit SD-Slot, ein Bordcomputer, Parksensoren hinten und ein Tempomat. Leider ist eine Sitzheizung vorne nur in Verbindung mit der Klimaautomatik erhältlich. Viele neue Assistenzsysteme im Octavia greifen darüber hinaus den Geldbeutel an. Die Spanne reicht vom automatischen Einparken, einer Verkehrszeichenerkennung, einem Spurhalteassistenten bis zur adaptiven Abstandsregelung. Überraschung beim Preis
Doch was kostet die schöne neue Octavia-Welt ab Februar 2013 nun? Darüber schweigt sich Skoda vorerst noch aus. Einziger bekannter Anhaltspunkt ist der Preis für das Einstiegsmodell mit 86 PS starkem Benziner. Hierfür werden 15.990 Euro aufgerufen. Damit bleibt der Octavia volksnah. Überraschend ist der Blick zum knapp 20 Zentimeter kürzeren Skoda Rapid: Mit dem gleichen Motor und vergleichbarer Ausstattung ist er lediglich 340 Euro billiger als der Octavia. Deutlich mehr muss man hingegen für den technisch mit dem Octavia verwandten VW Golf hinblättern. Als fünftüriger 1.2 TSI kostet er 17.875 Euro, bringt aber schon ab Werk eine Klimaanlage und hintere Fensterheber mit, was die Differenz relativiert.

Technische Daten

Antrieb Frontantrieb
Anzahl Gänge: 5
Getriebe: Schaltgetriebe
Motor Bauart: Diesel mit Common-Rail-Direkteinspritzung
Leistung: 77 kW (105 PS) bei 3.000 - 4.000 UPM
Hubraum: 1.598
Drehmoment: 230Nm bei 1.500 - 2.700 UPM
Anzahl Ventile: 4
Anzahl Zylinder: 4

Fazit

Auch in seiner dritten Generation bleibt sich der Skoda Octavia treu: ein sachliches Design plus enorm viel Platz zu einem nicht abgehobenen Preis. Neu hinzugekommen sind einige Assistenzsysteme, moderne Motoren und ein schickes Cockpit. Echte Schwächen leistet sich der Octavia nur in Detailfragen, ansonsten überzeugt das Gesamtpaket auf ganzer Linie. Bei Familien dürfte der große Skoda zum Hit werden. Und nicht nur dort: Auch alle, die sich keinen VW Passat oder Audi A4 mehr leisten wollen beziehungsweise können, sollten den Octavia auf dem Schirm haben. Für ihn gilt das Ford-Motto der 1960er-Jahre: Viel Auto fürs Geld. Oder frei nach Skoda: Der Mehr-Demokratie-Wagen.  

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